Keine Fragen mehr
Der Wind tobte in seinen Ohren. Seine Haut kribbelte, als läge er in einem Ameisenhaufen. Nicht das er schon mal in einem gelegen hätte. Aber genauso stellte er es sich vor, wenn Tausende und Abertausende von Ameisen jeden Quadratzentimeter seiner Haut bevölkerten. Seine Eingeweide zogen sich zusammen. Er spürte das übermäßige Bedürfnis zu pinkeln.
Für einen kurzen Moment konnte er sich der Illusion hingeben zu fliegen, aber das war Quatsch, natürlich. Es war ein Sturz. Jeder Sprung geht irgendwann in einen Sturz über. Und er war gesprungen. Er war hierher gekommen, um zu springen. Er war gesprungen, weil er es nicht mehr ertragen konnte. Das Grübeln, das Nichtwissen. Aber hier und jetzt würde es vorbei sein. Keine Fragen mehr.
Vor seinem inneren Auge sah er die Stationen in seinem Leben vorüber ziehen, die ihn bis hierher geführt hatten. Bis zu diesem endgültigen Schlusspunkt. Erstaunlich, aber er konnte keine Bilanz ziehen, keine Abrechnung vornehmen, nicht bewerten was gut oder nicht gut gelaufen war in seinem Leben. Er sah sich den Film an. Und er akzeptierte was er sah.
Er versuchte, sich in der Luft zu drehen. Keine Chance. Sein Körper hatte die Kontrolle übernommen und den Verstand abgekoppelt. Sein Instinkt würde ihn nicht sehen lassen, was auf in zukam. Aber er wusste es ja schon. Der Boden raste auf ihn zu. Seine Körper würde, Wirbelsäule voran, aufschlagen. Die Luft würde aus seinem Körper gepresst und die Fallgeschwindigkeit würde blitzartig in Druck umgewandelt. Wieviel würde sein Körper ertragen müssen? Er wusste es nicht.
Er schlug auf. Es war vorbei. Noch immer rauschte es in seinen Ohren. Aber es war kein Wind mehr, es war der Jubel der Menge. Während das Luftkissen unter ihm federte, blickte er nach oben. Die Latte lag still in ihrer Halterung. Keine Zweifel mehr, keine Fragen.